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Die Windmühle in der Stadt Zons

von Hermann Kienle

     Index: 

I.   Einführung

II.  Entwicklungsgeschichte der Mühlen
     Vom Reibstein über die drehbare Handmühle zur mittelalterlichen

     Turmmühle

III. Von der mittelalterlichen Turmmühle zur so genannten

      Holländermühle des 19. Jahrhunderts

IV. Baugeschichte 

V.  Die Arbeitsweise der Zonser Windmühle – Besichtigung der Mühle

VI. Müller in Zons und Mühlengeschichten

VII. Denkmalpflege und Schlussbetrachtung

  

      Anmerkungen

  

I. Einführung

Im 14. und 15. Jahrhundert wurden die Wehr- oder Tortürme der Stadtbefestigungen auch zu Mühlenanlagen ausgebaut . Diese Besonderheit des Niederrheins kann man auf mittelalterlichen Stadtansichten sehen, so z.B. die zwei Turmmühlen auf der Kölner Stadtmauer. 
Auf- und eingebaut in die mittelalterlichen Stadtmauer steht in Zons noch heute ein mächtiger, aus Basalt- und Tuffquadern sowie Feldbrandsteinen errichteter Mühlenturm. Der massive Baukörper wurde an der Südwestecke der Stadtmauer errichtet und zeigt sich neben den übrigen Ecktürmen als ein mächtiger Schutz. Die Zonser Mühle ist heute auch ein beliebter Aussichtsturm für einen Blick über die Stadt und ihre niederrheinische Landschaft.

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II. Entwicklungsgeschichte der Mühlen
    Vom Reibstein über die drehbare Handmühle zur mittelalterlichen Turmmühle

Die Nutzbarmachung von Getreide, erst das Sammeln, dann Anbau und Mahlen gehören seit Jahrtausenden zu den wichtigsten Quellen menschlicher Ernährung. 
Da der menschliche Organismus ungemahlene Getreidekörner nicht verdauen kann, müssen die Körner zerkleinert, gemahlen werden. Bevor es die Windmühle gab, gab es den Reibstein und die Handdrehmühle. Später folgten von Tieren angetriebene Mühlen. Alle alten Kulturvölker benutzten Reibplatten zur Mehlherstellung, so die Altbabylonier (4000 v. Chr.) wie auch die Assyrer und Ägypter. Dies zeigen uns Bilder aus jener Zeit. In unserer Region wurden in unterschiedliche Formen Reibsteine, Handmühlen (Ober- und Unterteil) und Reibgeräte in eigentümliche Schiffsform (Napoleonhüte) gefunden.

Wann und wo die ersten vom Wind angetriebenen Mühlen entstanden, ist umstritten. Allgemein geht man heute davon aus, dass die ersten Windmühlen im afghanisch -persischen Grenzgebiet standen. Ein erster zuverlässiger Bericht von solch einem Bauwerk stammt aus dem Jahre 947 nach Chr. über die Landschaft Sagistan im Grenzgebiet zwischen Persien und Afghanistan. Von dort verbreitete sich diese neue Mühlentechnik wahrscheinlich nach China und Europa. Die asiatischen Mühlen sollen Konstruktionen mit einer vertikaler Welle gewesen sein. Andere Anhaltspunkte bezeugen, dass es dort schon 300 Jahre vorher Mühlen mit horizontalem Windantrieb gegeben hat. 
Die Römer brachten Schiffsmühlen mit an den Rhein. 1180 wird in der Normandie (oder in Südost-Britannien bzw. Südwest-Flandern) die Flügelmühle – eine Kastenmühle – entwickelt. Gleichwohl wird dieser Typ später als „Deutsche Windmühle“ geführt. Über Flandern kam diese neue Technik nach Köln an den Rhein. 1222 stand eine Windmühle an der Porta Clericorum, der Pfaffenpforte in der 
Nähe des heutigen Bahnhofvorplatzes. Belegt ist dies durch die Columbaschreinskarte, in die eine „molandinum ad ventum“ eingetragen ist.

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III. Von der mittelalterlichen Turmmühle zur so genannten Holländermühle des 19. Jahrhunderts

Die Stadt Zons wurde von dem 34. Kölner Erzbischof und Kurfürsten Friedrich von Saarwerden mit Urkunde vom 20.12.1373 gegründet. Zons ist mit seinen Mauern und Türmen die besterhaltene mittelalterliche Stadtbefestigungsanlage im Rheinland. Dem ersten preußischen Landeskonservator Paul Clemen wird für Zons die Bezeichnung „Das rheinische Rothenburg“ zugeschrieben. Aufgrund seiner Initiative erfolgten Anfang des 20. Jahrhunderts die ersten Restaurierungsmaßnahmen an der Stadtmauer und den Türmen. In dem nachstehend abgebildeten Stich von 1575 von Braun/Hogenberg lässt sich die geschlossene mittelalterliche Festungsanlage mit den Mauern, Türmen und Toren erkennen. An allen vier Ecken befinden sich unterschiedlich gestaltete Wehrtürme. Es lag nahe den Turm an der Südwestecke, der Hauptwindrichtung, mit einer Windmühle zu versehen. Der Mühlenturm ragt mit sechs Stockwerken empor. Die unteren drei Geschosse sind nicht unmittelbar für den Mühlenbetrieb nutzbar, der Turm sollte besonders hoch über die Stadtmauer hinausragen, um optimale Voraussetzungen für den Betrieb einer Windmühle zu schaffen. 

Die Zonser Windmühle gehörte dem Landesherrn, dem Kurfürsten und Erzbischof von Köln. Allerdings wurde 1463 die Stadt dem Domkapitel verpfändet. Somit gingen die Pachteinkünfte an das Domkapitel, das auch die Verpachtungen vornahm und für den Erhalt zuständig war. Die Zonser Mühle war eine Bannmühle, das heißt, mit ihr verbanden sich bestimmte Zwangs- und Bannrechte. Die Landesherren hatten für ihre Mühlen jeweils einen bestimmten Bannkreis festgelegt, in diesem durften keine andere Mühle entstehen, und die Bevölkerung war gezwungen, nur in dieser Mühle ihr Getreide mahlen zu lassen (Mahlzwang). Bei Nichtbeachtung wurden empfindliche Strafen verhängt. Zum Teil hat man die Nutzer der Mühle auch zu bestimmten Diensten verpflichtet, etwa Reparaturen und Fuhrdienste.

Der Müller erhielt einen Mahllohn, während er gleichzeitig auch für den Landesherrn die Abgabe einzog. Von seinem Mahllohn musste er die Pacht für seine Mühle, Arbeitslöhne und manchmal auch Instandsetzungskosten tragen. 
„Der Lohn des Müllers betrug, regional unterschiedlich, zwischen ein Achtel und ein Sechzehntel des Mahlgutes. Als Maß hierfür war der Scheffel gebräuchlich, ein amtlich geeichtes Maß, das nicht verändert werden durfte. Neben seinem Lohn musste der Müller auch die Steuern für seinen Dienstherrn einbehalten.“ 
Wesentlich für den Bannkreis war, dass in diesem Kreis keine andere Mühle entstehen durfte. In den Grenzen der heutigen Stadt Dormagen gab es früher neben der Zonser Mühle noch weitere 4 Mühlen. 

Die Zonser Mühle wurde wahrscheinlich um 1390 als Turmmühle in den Südosteckturm der Stadtmauer eingebaut. Obwohl der Mühlenturm auch ein Wehrturm war, war seine Zwecksetzung zunächst und vor allem, die Herstellung von Mehl zur die Ernährung der Menschen und darüber hinaus die Produktion von Futter. 
Die Geschichte der Zonser Mühle wird in vielen Dokumenten vom 14. bis zum 19. Jahrhundert erwähnt. Hierzu einige Beispiele: 1430 ist vom Mühlengraben (molengraven) die Rede (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf), 1458 vom Mühlenturm. 

Im Jahre 1528 wird berichtet: Das Kölner Domkapitel verpachtet die Mühle für 30 Malter Roggen. Es ist für den baulichen Zustand und der Müller für die Bespannung der Flügel verantwortlich. 1551 wird zusammen mit der Windmühle eine „wassermole uff dem Rhein an Speich zu Fritzstroem ader Zons gelegen“ genannt. 

1466 gibt es eine interessante Quelle aus dem Stadtarchiv Ratingen . Zwei Ratinger Schöffen und der Maurermeister Hentken Voegell (welcher schon etliche Türme und Teile der Ratinger Stadtmauer gebaut hatte), begaben sich nach Zons und Neuss “zo tzunsse ind to nuysse“, um dort „die wyndemoelen to besehen“. Die Erkenntnisse und Erfahrungen, die man in Zons und Neuss gemacht hatte, wollte man für den Bau der Ratinger Windmühle nutzen. Der Bau der Ratinger Windmühle begann noch im Jahr 1466 und wurde 1471 vollendet. 
Diese Quellen verstärken die Auffassung, dass die Zonser Windmühle beim Bau der Stadtmauer direkt als Mühlenturm errichtet wurde.

Auf dem zylindrischen Turm war die von innen drehbare Haube (Innenkrühwerk) mit der Flügeltechnik angebracht. Erst im 19. Jahrhundert wurde die Mühle zur so genannten Holländerwindmühle (auch Galerieholländer genannt) umgebaut. In den Jahren 2008 bis 2011 wurde die Mühle außen und innen umfassend saniert. 

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IV. Baugeschichte

Bei den 2009 bis 2011 durchgeführten intensiven Bauforschungen durch Dick Zweers, die durch dendrochronologischen Untersuchungen vertieft werden konnten, ließen sich verschiedene Umbauten und das Einbringen neuer Mühlenbautechniken im Laufe der Jahrhunderte nachweisen. Der neue Forschungsstand hat bisherige Einschätzungen zur Zonser Mühlengeschichte überholt. Manche Ergebnisse haben jedoch wieder neue Fragen zur zeitlichen Einordnung von Umbauten geführt. Somit sind für eine möglichst lückenlose Aufklärung auch weiterhin Forschungen zur Baugeschichte notwendig, insbesondere durch dendrochronologische Holzuntersuchungen und Quellenforschungen in Archiven.
Vor diesem Hintergrund ist die Baugeschichte der Zonser Windmühle neu zu bewerten. Hierzu werden die wesentlichen Veränderungen nachstehend zum leichteren Verständnis verkürzt erläutert. 
Grundlage der Erläuterungen ist diese Zeichnung mit den drei großen Bauphasen:
Bau einer Turmmühle um 1390 , erster großer Umbau Ende des 17. Jahrhunderts. zweiter großer Umbau ab 1832. Hinzu kommen Erläuterungen zu Restaurierungen in den Jahren 1966/1967 bis 2010.

Die Zonser Mühle wurde als Turmmühle (zylindrischer Turm) bereits mit einer drehbaren zipfelförmigen Haube sowie einem Innenkrühwerk wahrscheinlich um 1390 erbaut (vergleichbar mit Köln Gereon), und zwar mit vier 4 Geschossen und Haube (1. = Verlies, 2. = Eingangsebene, 3. = Mehlsöller, 4. = Steinsöller). Auch die Zonser Mühle übernahm das Prinzip der Bockwindmühle. Es gab nur zwei Söller, der höchste für die Mahlsteine und darunter der Mehlsöller. Das Erdgeschoss wurde als Verlies genutzt und konnte nur durch eine Luke vom zweiten Geschoss erreicht werden. Das zweite. Geschoss war Eingangsraum zur Mühle und auf diesem Niveau befand sich die Galerie. Diese war wahrscheinlich nicht mit Schrägbalken auf Konsolen am Turm abgestützt, sondern höchstwahrscheinlich auf senkrechten Stützen aufgebaut. Die Radialbalken könnten auf dem Konsolenring befestigt gewesen sein. Da es am Turm unter der ursprünglichen Galerie keine Bauspuren für Schrägbalken gibt, könnte die Galerie so ausgesehen haben wie die der Mühle in im holländischen Zaltbommel. Typisch für Turmwindmühlen sind dort wie auch in Zons die beiden Außentüren an der Nordostseite über der Galerie. Diese Türen haben für den manuellen Betrieb des Sackaufzugs entlang der Außenseite gedient – die obere für das Hereinbringen der Getreidesäcke und die untere, um die Mehlsäcke nach unten zu transportieren. 

Am Ende des 17. Jahrhunderts (1688 bis 1695) erfolgte ein großer Umbau der Mühle. Im Erdgeschoss wurde die Mauer aufgebrochen und ein Schacht für einen Sackaufzug eingebaut. Die Lage des Sackaufzuges war vorgegeben durch die beiden Türnischen im Korn- und Mehlsöller, so dass der Aufwand nicht zu hoch war. Der Bau des Sackaufzugs war ein großer technischer Fortschritt für das Betreiben der Mühle. Man konnte nun mittels der Windkraft die Kornsäcke in den Kornsöller hochziehen. Hinzu kam der Ausbau des Innengetriebes, der die Installation eines zweiten Mahlganges ermöglichte. Für den neuen Antrieb der Mahlsteine wurde über dem Niveau des bisherigen Mehlbodens eine Zwischendecke eingezogen, wo man das neue Stirnrad auf der Königsspindel anbrachte.

Der Mühlenbetrieb war immer mit Reparaturarbeiten verbunden. Regelmäßig mussten Teile des Getriebes erneuert werden. Gleichzeitig kann man an den verschiedensten Stellen in der Mühle erkennen, dass bei Reparaturen Balkenelemente aus anderen Teilen der Mühle an neuer Stelle eingearbeitet wurden, z.B. Teile aus dem Ring des Rollenlagers oder aus einem Flügel. Einzelne Bauteile sind durch Inschriften datiert, so eine Spindel des Mahlgangs (1688) und ein Balken (1810) im Haubenboden. 

Um 1832 erfolgte ein weiterer Umbau zur so genannten „Holländermühle“. Die mittelalterliche Turmmühle wurde um ein Geschoss aufgestockt und mit einem Außenkrühwerk versehen. Die Aufstockung erfolgte ganz in Backsteinmauerwerk in konischer Form. Im alten vierten Geschoss kann man noch genau die Bauspuren des früheren Innenkrühwerks erkennen. Im Erdgeschoss wurde die Mauer zum Verlies (2,35 m dicke Außenmauer) vom Schacht des Sackaufzugs aufgebrochen (dies kann aber auch um 1800 erfolgt sein), so dass der Raum des ehemaligen Verlieses als Lagerraum für angeliefertes Getreide (Sacklager) genutzt werden konnte. Der Durchbruch erhielt einen für die Fassung der Tür gemauerten Rahmen. Auch bei diesem großen Umbau verwandte man wieder alte Materialien. Zu dieser Zeit war das Material teuer und der Arbeitslohn billig. Den Beweis für die Verwendung alter Materialien aus 1768 liefert wiederum die Holzuntersuchung. Man verwandte 1832/1833 nicht nur große Teile der alten Haube, sondern wahrscheinlich auch Teile des alten Rollenlagers (oder kopiert). Mit diesen baulichen Veränderungen verlagerten sich auch die einzelnen Geschosshöhen. Dies ist u. a. daran gut zu erkennen, weil mehrere Fenster in halber Höhe der Deckenlagen liegen. Außerdem sind die Bauspuren in den Wänden erkennbar. Gestützt werden diese Erkenntnisse auch durch die dendro-chronologischen Untersuchungsergebnisse . 

Die Beschreibung des Außenkrühwerks folgt in Kapitel V.

In der Folge der Stilllegung der Mühle 1907 und dem Abbruch der Flügel 1909 sind nach und nach die Betriebselemente der Mühle im Außenbereich (Flügel, Steert und Galerie) abgebaut worden. Mehr als 40 Jahre bestand lediglich der reine Mühlenturm, in seiner äußeren Form gleichsam als Torso. Zwischen 1936 und 1940 plante die Stadt Zons den technischen Wiederaufbau des Mühlenbetriebes. Die Planungen erfolgten in enger Abstimmung mir dem Provinzialkonservator. Der ehemalige Müllergeselle Baeser aus der Zonser Mühle, inzwischen selbst Mühlenbesitzer, wurde als Berater hinzugezogen. Der Zonser Bürgermeister besichtigte die Mühle in Waldfeucht und konkrete Angebote wurden für alle fehlenden Mühlengewerke eingeholt. Sogar das Eichenholz suchte man aus und wollte für auf die trockene Lagerung achten. Durch den zweiten Weltkrieg konnte dieses Vorhaben dann nicht umgesetzt werden.

Wegen der touristischen Attraktivität der Mühle versetzte die Stadt Zons 1965/1966 den Außenturm durch Anbringung der Flügel, der Galerie und des Außenkrühwerkes wieder in den alten Zustand, wobei die Galerie etwa 1 m verschmälert wurde. Aus heutiger denkmalpflegerischer Sicht war es 1965/1966 gut, dass man die Mühle nicht umgebaut hatte, um sie mit Windkraft zu betreiben. Laut Dick Zweers würde eine Rekonstruktion des Windantriebes unwiederbringliche Verluste an historischen Artefakten und Bauspuren bedeuten.
Die Flügel können heute nach dem Einwurf von 50 Cent über einen Elektromotor für einige Minuten in Gang gebracht werden. 

Schäden am Bauwerk entstanden in den Jahren 1983, 1992 und 1995, in denen jeweils ein Flügels abbrach und herunterfiel. In der Zeit zwischen 1980 und 2000 folgten Restaurierungen im Inneren und Sanierungen am Außenmauerwerk. Wie bereits erwähnt, erfolgte 2008 bis 2010 eine umfassende Sanierung des Außenturmes mit der Reparatur der Flügel und einer kompletten Erneuerung des Außenkrühwerks. Der neue Steertbalken ist ca. 11 m lang. Steertbalken, Schwerter und Querbalken wurden aus Bilingaholz (aus Westafrika und Kamerun) gefertigt. 
Bei der Sanierung des Mauerwerks stellte man erhebliche Schäden fest. Im oberen Drittel des Mühlenturms verursachte u.a. der starker Pflanzenbewuchs die großen Schäden. Wurzelsprengungen lösten das Mauerwerk bereits in einer Breite von ca. 20 cm über eine Höhe von ca. 4.00 m vom Kernmauerwerk ab. Am übrigen Mauerwerk waren die Zwickelausmauerungen aus Tuffstein zwischen den Basaltlavablöcken in ihrer Substanz durch Witterungseinflüsse und pflanzlichen Bewuchs so sehr geschädigt, dass diese fast komplett erneuert werden mussten. Der Tuffsteinersatz erfolgte durch Römertuff . Derzeit stehen noch die Reparaturen der Haube und der Galerie an. Die Gesamtkosten für die zuvor angegeben umfassenden Sanierungs- und Restaurierungskosten haben rd. 420.000 € betragen.

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V. Die Arbeitsweise der Zonser Windmühle – Besichtigung der Mühle

Es ist jedes Mal ein Erlebnis, wenn man in der Mühle die wuchtigen Holzzahnräder mit den verschiedensten Übersetzungstechniken sieht und sich vorstellt, wie das Korn in den Mahltrichter geschüttet und dann von den Mahlsteinen zu Mehl gemahlen wurde. Um die Arbeitsweise der Zonser Windmühle zu verstehen, sollte man - bevor man die Mühle von innen begeht – die Mühle zunächst von außen anschauen. Die Technik der so genannten Holländerwindmühle wurde in Zons, wie erwähnt, um 1832 durch eine große Umbaumaßnahme übernommen. Nunmehr konnte man die Haube (auch als Kappe bezeichnet) mit den Flügeln und dem Außenkrühwerk komplett drehen.
Die Flügel stellen das „Kraftwerk“ der Mühle dar. Um die Windkraft zum Antrieb der Flügelwelle mit den Zahnrädern zu nutzen, muss sie aufgefangen und in eine Drehbewegung umgewandelt werden. Die Windflügel sind – von der Stirnseite aus gesehen – linksdrehend. Die vier Flügel bilden das Flügelkreuz und sind im Achskopf (Wellenhals) an der Flügelwelle verkeilt. In Zons handelt es sich um Segelgatterflügel und die Spannweite beträgt rund. 24 m. Ein Flügel besteht u. a. aus 2 Ruten, an die Gatter und Leisten angebracht sind, auf die Segeltücher gespannt wurden. Die Segeltücher wurden aus Leinenstoff hergestellt, waren mit rohem Leinöl gestrichen, und vermischt mit einer rotbraunen Ockerfarbe. Die Segelbespannung war eine schwere und gefährliche Arbeit, da der Müller „in die Flügel steigen“ musste. Je nach Windstärke musste das Segeltuch aus- bzw. eingerollt („gerefft“) werden. Dabei hatte der Müller verschiedene Möglichkeiten, die Segel ganz oder teilweise zu entfalten. Er konnte die Mühle bei extremen Stürmen sogar ohne Segel und ohne Windbretter betreiben. Die Flügelruten sind heute aus Stahl, die Holzteile aus Lärche und die Windbretter aus Kiefer. Interessanterweise dienten die Flügel auch zur Übermittlung von Nachrichten. Es entwickelte sich eine regelrechte Mühlensprache. Die Müller arretierten die Flügel in einer bestimmten Stellung und konnte so ihren Nachbarn, bzw. von Dorf zu Dorf Nachrichten übermitteln (s. Abb. Mühlensprache). In Kriegszeiten entwickelten Müller besondere Signale, wodurch dann Nachrichten schneller als durch Boten von Mühle zu Mühle weitergegeben wurden. Allerdings gab es für eine Flügelsprache keine allgemein verbindlichen Regeln.

  
Auf der Oberkante des Mühlenturmes befindet sich ein hölzernes Rollenlager und darauf sitzt die Mühlenkappe. Das Drehen der Haube mit den Flügeln erfolgte früher über den Steert. Der senkrechte Steertbalken wird durch vier Verstrebungen abgestützt. An den zwei Querbalken, die waagerecht durch die Haube laufen (einer an der Hinterkante, der andere durch die Mitte), sind rechts und links Balken (Schwerter genannt), die unten am Steert angebracht sind. 
Der Steert mit dieser Stützkonstruktion sieht aus wie zwei ineinander liegende Dreiecke. Der große Steertbalken endet kurz über der Galerie. Am Ende des Steertbalkens befand sich früher der Krühstuhl mit der Haspel (Winde). Zur Winde gehörten die Feststellkette und das Zugseil. Beim Aufhaspeln der Kette zog sich der Steert an den Pfahl (Feststellpflöcke auf der Galerie) heran. Auf diese Weise konnte die Kappe mit dem Flügelkreuz in jede Windrichtung gestellt werden.


Im Erdgeschoss, im früheren Verließ und späterem Sacklager hat der Förderverein Denkmalschutz Stadt Zons e. V. 2010 ein kleines Mühlenmuseum eingerichtet. Hier wird über die Mühle des 19. Jahrhunderts. bis zu den umfangreichen Restaurierungen 2008 bis 2010 informiert. Ergänzt wird die Ausstellung durch einige Müllergebrauchsgegenstände.

Alle Türme der mittelalterlichen Stadtbefestigung waren aus Verteidigungsgründen nur über den Wehrgang zu erreichen. Durch eine schmale Eingangstür (Wehrgangmauer) gelangt man nach 32 Stufen auf den Wehrgang. Von hier kann man in den Wallgraben hinunter schauen. Vom Wehrgang kommen wir in das zweite Geschoss, in dem sich auch ein Mühlenmodell aus Holz im Maßstab 1: 20 befindet, das 1981 in der Lehrwerkstatt der Bayer AG Dormagen von Auszubildenden hergestellt und von der Bayer AG der Stadt Zons geschenkt wurde. Hier kann man sich ein erstes Bild über die Mühlentechnik in den weiteren Geschossen machen. In Höhe des dritten Geschosses befindet sich die Galerie, ein um den Mühlenturm herum angelegter hölzerner Umgang. Von hier aus erreichte der Müller direkt die Flügel, um die Segel auf- und abzurollen. Ebenfalls von der Galerie aus konnte das Bremsseil betätigt werden.

Am besten versteht man den Vorgang mit Windkraft aus Korn zu Mehl zu erzeugen, wenn man eine Besichtigung der Zonser Mühle vom oberer zum unteren Stockwerk vornimmt. Der steile und enge Aufstieg in den Haubenboden wird belohnt durch einen herrlichen Rundblick auf die mittelalterliche Stadt und den großen Rheinbogen.

Hier oben im Kappsöller erschließt sich, wie die Haube mit den Flügeln gedreht wurde. Auf dem Mauerkranz befindet sich ein hölzernes Rollenlager. Eine Führung auf beiden Seiten verhindert, dass die 30 Rollen aus der Spur rutschen. 
Mittig in der Haube liegt die mächtige Flügelwelle (7 m lang und 80 cm dick) aus grob behauenem Eichenholz mit leichter Neigung. Vorne ist Flügelkopf etwa 10 Grad höher gelagert und dies bewirkt, dass die Mühlenwelle nicht leicht heraus gerissen werden konnte, wenn ein böiger, umspringender Wind die Flügel von hinten erfasste. Am Flügelkopf sind die vier Flügelruten verkeilt und am hinteren Ende der Welle ist ein zylindrischer Eisenbolzen eingelassen. Dieser wiederum liegt in einer Gleitlagerhalbschale aus Granit (auch Katzenstein genannt). Ein Eisenbügel über dem Gleitlager soll das Ausschlagen der Flügelwelle verhindern. Das Gleitlager selbst ist in einem Trägerbalken der Dachkonstruktion verankert. Es musste alle 24 Stunden mit reinem Pferdefett geschmiert werden, um ein Heißlaufen zu verhindern. Das säurefreie Pferdefett war wichtig, weil das Lager hierdurch nicht korrodierte und bei kalter Witterung die Laufeigenschaft verbessert wurde.

In den einzelnen Stockwerken befinden sich die unterschiedlichsten hölzernen Räder bzw. Spindeln. Die Holzräder und Spindeln wurden aus verschiedensten Holzarten je nach Beanspruchung hergestellt. Für die Räder wählte man Ulmenholz, das nicht spleißt; die Zähne (Kämme) unterliegen einer besonders starken Beanspruchung und wurden daher aus Weißbuchenholz angefertigt. Zur Verminderung der Reibung wurden sie und auch die Getriebe regelmäßig mit Bienenwachs bzw. Kerzenwachs geschmiert. Auf der Flügelwelle befindet sich das etwa 3 m große Kammrad. Es ist mit 65 Zähnen, beziehungsweise Kämmen bestückt. Diese konnten bei Verschleiß ausgewechselt werden. Sie sind etwa 50 cm lang und werden im Kammrad in ein rechteckiges Loch gesteckt und von der Rückseite verkeilt. Um das Kammrad schmiegen sich hölzerne Bremsbacken aus Weidenholz. Sie sind vergleichbar mit der moderner Technik der Bremsbacken bei Autorädern oder den Felgenbremsen.


Die Bremse war zweigeteilt und legte sich oben und unten auf das Kammrad. Der obere Teil der Bremse zog einen Moment früher an, dadurch wurde erreicht, dass die Flügelwelle stabil in den Lagern verblieb. Die Bremse selbst konnte entweder von außen oder innen betätigt werden. Bei Betätigung von außen zog der Müller an einem Seil von der Galerie aus. Im Inneren konnte er ebenfalls über ein Seil die Bremsbacken anziehen. Im Radboden greift das Kammrad mit seinen Zähnen in die Stöcke des Bunkels (auch Bunkler oder Stockrad bei der Bockwindmühle genannt).

Je nach Übertragungsart unterscheidet man bei den Zahnrädern, wie die Zähne angebracht sind. Am Kammrad sitzen die Zähne an der Flanke. Der Bunkel besteht aus zwei Scheiben, zwischen denen (?innen?) Stäbe (Stöcke) eingesetzt sind, und beim Stirnrad sind die Zähne außen eingelassen. Das Bunkelzahnrad sitzt auf der senkrechten Königswelle. Die Königswelle mit Bunkler muss sich immer bei einer drehbaren Haube in der Mitte des Mühlenturmes befinden. Die Kraft der Flügelwelle wird über den Bunkler auf die Königswelle übertragen. Dies ermöglicht es, in den tieferen Stockwerken weitere Räder anzutreiben. Die Königswelle ist oben im Querbalken unter der Flügelwelle und unten im Querbalken unter dem Stirnrad gelagert.
Hier im Leisöller befindet sich der Sackaufzug (das Leiwerk). Das Leiwerk besteht aus einer horizontalen Welle, die bis über den Schacht des Sackaufzuges reicht, dem Scheibenrad an der Königswelle, dem Leurad auf der horizontalen Welle und dem Gaffelrad. Der Müller konnte das Leirad auf der Welle in das Scheibenrad auf der Königswelle einkuppeln und dann über die Windkraft die Kornsäcke mittels Seilzug bis in den Steinboden hochziehen. Auf der Welle befindet sich außerdem das Gaffelrad mit Einhakösen.
Auf diesem Rad liegt ein Endlosseil mit dem der Müller die Welle von Hand drehen konnte, so dass dann aus dem Mehlboden in Säcken das gemahlene Mehl durch den Sackaufzug nach unten transportiert werden konnte. 
Am Ende der Königswelle befindet sich das Stirnrad. Dieses treibt die rechts und links von der Königswelle stehenden Stockräder an, die starr mit der den Mahlgang antreibenden eisernen Spindel verbunden sind.  
  

Unsere Besichtigung geht jetzt ein Stockwerk tiefer im Kornsöller weiter. Hier befinden sich die wichtigsten Elemente der Mühle: die beiden Mahlgänge. Ein Mahlgang besteht aus einem Steinpaar , dem fest verankerten Bodenstein und dem sich darauf drehenden Läuferstein. Die Mahlsteine sind aus Basaltlava. Natursteine wurden bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verwendet. 

  

Der Mahlgang ist mit einer Holzverkleidung, der Bütte, umgeben darauf ist eine hölzerne Abdeckung mit einer runden Öffnung. Darüber befindet sich ein Aufsatz mit Trichter und Rüttelschuh. Das Korn wurde in den Trichter geschüttet und gelangt über ein rundes Loch im Läuferstein, dem Steinauge, zwischen die Steine. Läuferstein und Bodenstein liegen nicht direkt übereinander. Das Mahlgut läuft zwischen die Steine und wird über die geschärften Rillen (Furchen) der Steine von innen nach außen befördert. Die Rillen sind bogen- und strahlenförmig angeordnet. Dabei verlaufen die Furchen vom Boden zum Läuferstein gegenläufig. Durch die Gegenläufigkeit werden die Kanten der Getreidekörner aufgeschnitten. Über die Furchen gelangt gleichzeitig Luft zum Kühlen des Mahlgutes zwischen die Steine, so dass bei richtiger Einstellung zwischen Boden- und Läuferstein das Mehl nicht überhitzt wird.

 Der Müller konnte je nach Mahlgut die Steine mit einer Hebelvorrichtung (Hebestock) heben und senken.
Dies erforderte ein ziemliches Feingefühl des Müllers, hob er den Läuferstein zu sehr, wurde das Mehl zu grob, senkte er ihn zu sehr wurde das Mehl zu heiß. Dabei kam es besonders auf das gute Gehör des Müllers an. War das Mehl zu grob, hatte er den Hebel zu spät betätigt. Wenn die Steine „sangen“ und der Klang höher wurde, musste er den Läuferstein etwas senken. Bei über 40 Grad Celsius werden wertvolle Bestandteile wie Weizenkleber zerstört. Die Natursteine mussten regelmäßig nachgeschärft werden (billen). Dies war insgesamt sehr aufwändig. Hierzu musste der Läuferstein mit einem schwenkbaren Steinkran durch Greifer angehoben, gedreht und seitlich abgelegt werden. Anschließend wurde dann mit speziellen Schärfwerkzeugen (Pick- und Kraushämmer und Steinlehren) nachgeschärft. 

  
Unsere Besichtigung geht jetzt ein Stockwerk tiefer in den Mehlboden. Das Mehl gelangte durch die Mehlrutsche über die Schütte in die Mehlsäcke. Von hier wurde der volle Mehlsack über den Sackaufzug nach unten befördert.
Zum Abschluss der Besichtigung lohnt noch einmal ein Blick aus der Fensteröffnung der Tür über die mittelalterliche Stadt Zons und seine Lage am Rhein.

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VI. Müller in Zons und Mühlengeschichten

1. Müller in Zons
Müller Martin Schmitz (*16.03.1853, + 23.01.1933) war der letzte Mühlenbesitzer der Zonser Mühle. Sein Urgroßvater Mathias Schmitz war ab 1804 zunächst Pächter der Mühle. Von ihm wurde nach mündlichen Überlieferungen der Familie Schmitz die Mühle 1811 gekauft. Von 1802/1803 war die Mühle von den Franzosen als Dominalgut eingezogen worden. Im Jahre 1907 musste der Mühlenbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben werden, weil mit Dampfmaschinen schneller und preiswerter gemahlen werden konnte. Nach mehrjährigen Verhandlungen (1935 bis 1940) zwischen der Erben von Martin Schmitz und der Stadt Zons wurde die Mühle 1940 von der Stadt Zons zum Preis von 5.500 Reichsmark gekauft. 
Im Anhang ist eine tabellarische Liste der Müller und Mühlenbeschäftigten für den Zeitraum von 1666 bis 1899 beigefügt. 

2. Mühlengeschichten
In Deutschland ist der häufigste Familienname Müller (Möller, Müllers usw.). Aus der großen Verbreitung des Namens lässt sich die Wichtigkeit des alten Müllerberufes schließen. Die gab Zeiten, dass die Müllergesellen auf Wanderschaft gingen, sie sind anders als bei den Zimmerleuten längst vorbei. Genau so viele Geschichten ranken sich um die Person des Müllers und um die eigentliche Mühle. Hierzu zählen Volkslieder, der Liederzyklus „Schönen Müllerin“ (Franz Schubert), Märchen und geflügelte Worte. Und um nicht zu vergessen die Geschichte vom Junker Don Quijote in seinem Kampf mit den Windmühlenflügeln.

„Müller hatten im Volk oft keinen guten Ruf. Da man in weiten Kreisen ohnehin nicht viel von Technik verstand, konnte es bei diesen geheimnisvollen Mechanismen nur mit dem Teufel zugehen. Man gab einen Sack Getreide ab und erhielt viel weniger zurück. Dabei begriff man nicht, dass Getreidemehl bei gleichem Gewicht ein viel geringeres Volumen hat. Es konnte auch nie nachgewiesen werden, ob der Müller nur seinen rechtmäßig zustehenden Anteil genommen hatte oder darüber hinaus noch mehr. Auch was die Qualität des Mehles betraf, hat man dem Müller sicherlich nicht immer zu Unrecht unterstellt, dass er für sich das beste Mehl reservierte und den Bauern den Ausschuss gegeben hat. Ein Spruch aus dem 17. Jahrhundert illustriert dies: „Sieh da Herr weißer Hut, dein Rad lässt du rasten, du kannst so meisterlich tief in die Säcke tasten. Du nimmst das beste Mehl, der Bauer erhält den Klei. Bei andern ist es Schand, bei dir ist Stehlen frei“. In den Augen der oft zu recht verbitterten Bevölkerung war der vom Landesherrn häufig gebeutelte Müller nichts anderes als ein erbärmlicher Büttel der Obrigkeit. In einer Rätselsammlung heißt es: “Warum baut der Storch nicht auf einer Mühle? Antwort: Weil er Angst hat, dass der Müller ihm die Eier stiehlt.“ Auf die unterstellte Unehrlichkeit bezieht sich auch die Redensart: „In der Mühle ist das beste, dass die Säcke nicht reden können.“ 
So umstritten das Ansehen des Müllers auch sein mochte, seine wirtschaftlich wichtige Funktion und sein hohes Können waren im Mittelalter bis hin zur Neuzeit unbestritten. Der Müller, der als Beherrscher des Wassers und des Windes angesehen wurde, war im dörflichen Sozialgefüge wohlhabend und hatte eine gewisse Machtposition. Ein Sprichwort bezeugt dies: „Der Müller ist ein adlig Kind, ihm sind gehorsam Wasser und Wind.“ 

„Weitere Sprichwörter sind z.B.: „Es gibt keinen ehrlichen Müller, keinen frommen Küster und keinen dummen Jesuiten.“ Eher doppeldeutig: „Wenn der Müller ohne Brot, ist im Lande große Not.“ Und: „Es mahlt zuerst, wer zuerst kommt, und wenn es der Müller selber ist.“
Was wäre die Märchenwelt ohne den Müller, insbesondere in den vielen Geschichten der Gebrüder Grimm. In der Geschichte der Bremer Stadtmusikanten verlässt der ausgebeutete Esel die Mühle und findet sein Glück in der Fremde. Um jenen berühmten Dukaten-Esel indessen, den im „Tischlein, deck dich“ ein Müller seinem Gesellen schenkte,--- wer hätte diesen Esel nicht auch gerne. 
Ein Müllersohn bekommt als Erbteil den schlauen „Gestiefelten Kater“ .

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VII. Denkmalpflege und Schlussbetrachtung

Mitte des 19. Jahrhunderts begann das Mühlensterben. Um 1880 gab es in Deutschland noch rund 20.000 Windmühlen. 1911 im Gebiet zwischen Bergheim und Kleve 205 und 1931 157 Windmühlen in diesem Gebiet. 
Schon um 1900 machten Historiker auf den drohenden kulturellen Verlust aufmerksam. Die ehemaligen Wahrzeichen der niederrheinischen Landschaft verschwanden immer mehr. Der Niedergang des Mühlenwesens begann mit der Erfindung der Dampfmaschine und endete mit dem Siegeszug des Elektromotors. Hiervon war auch die Zonser Mühle betroffen. In der Stadt Zons wurde später nach Stilllegung der Windmühle von den Familien Steinbach/Bebber, Hohes Örtchen,eine elektrisch betriebene Getreidemühle bis Anfang der 1960 er Jahre, betrieben. 

In den letzten Jahren erfährt der Mühlenbau auch im Rahmen der Denkmalpflege durch die Restaurierung einer Reihe von Mühlen hier am Niederrhein eine erstaunliche Renaissance . Die Zonser Windmühle ist innerhalb der Stadtbefestigung der Stadt Zons ein eingetragenes Denkmal (Denkmalliste Stadt Dormagen, Nr. 2.06).
In Nordrhein-Westfalen trat 1992 das Denkmalschutzgesetz in Kraft. Die Gemeinden wurden verpflichtet Denkmallisten zu erstellen. Es gibt hier einen großen Widerspruch – auf der einen Seite stehen die Mühlen unter Denkmalschutz und auf der anderen Seite ist die Finanzierung der Bestandserhaltung nicht gesichert. Für die Finanzierung der Bestandserhaltung erscheint auch als zentraler Punkt, die sinnvolle Nutzung einer Mühle. So wurden insbesondere in den letzten 20 Jahren viele Fördervereine gegründet, um Mühlen zu unterhalten und instand zu setzen. Die Deutsche Gesellschaft für Mühlenkunde (DGM) bemüht sich zusammen mit ihren Landes- und Regionalverbänden um die fachgerechte Erhaltung und Nutzung historischer Mühlen als Zeugen unserer jahrtausende alten Technikgeschichte.
Für unsere Region sind dies u. a. der Mühlenverband Rhein-Erft-Rur e.V. in Erftstadt und der Rheinische Mühlenverband e.V. in Heinsberg.

Die Zonser Windmühle ist heute auch ohne Windantrieb ein Wahrzeichen der ehemaligen mittelalterlichen Festungsstadt der Kölner Kurfürsten. Der Bestand der Windmühle ist durch die Bemühungen der Stadt Dormagen, dem Heimat- und Verkehrsverein der Stadt Zons e. V. und dem Förderverein Stadt Zons e. V. gesichert. Die Windmühle ist ein Magnet für den Tourismus. In der kulturgeschichtlichen Tradition wird dieses alte Kulturgut durch sachkundige Führungen, insbesondere auch schon für Schüler und Schülerinnen, weiter gegeben. Die Mühle als die älteste Kraftmaschine der Vergangenheit soll auch zukünftig prägender Bestandteil unserer Kulturlandschaft bleiben.

„Aus der Mühle schaut der Müller,
der so gerne mahlen will,
stiller wird der Wind und stiller.
„So geht’s immer, wie ich finde.“
Rief der Müller voller Zorn.
„Hat man Korn, so fehlt’s am Winde,
Hat man Wind, so fehlt das Korn.

(Wilhelm Busch)

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Anmerkungen:

  1. Aenne Hansmann, Geschichte von Stadt und Amt Zons, 1973, S. 46. „Das Domkapitel hatte sich mit hohen Summen für Erzbischof Dietrich von Moers verbürgt. Nach den Abmachungen mit Erzbischof Dietrich stand dem Kapitel eine Hälfte von Zons zu. Vor der Wahl eines neuen Erzbischofs einigte sich das Domkapitel darauf, nur einen solchen Kandidaten zu wählen, der zuvor dem Domkapitel „den gantzen zoll zo Frytzstroem eyn mit dem sloss burgh, stadt ampte Kelnerien ind allen anderen synen zobehoeren ind darzu den halben zoll zo Keyserswerden„ übertragen hatte, um daraus die Leib- und Erbrenten zu decken, die es sich im Interesse des Landes zu zahlen verpflichtet hatte.

  2. Torsten Rüdinger, Philipp Oppermann, 2010, S. 159,. Kleine Mühlenkunde - Deutsche Technikgeschichte vom Reibstein zur Industriemühle.

  3. Dormagen gehörte zum Herzogtum Jülich und war somit eine Enklave im Kurfürstentum Köln. Der Herzog ließ im alten Dormagen 1621 eine Mühle bauen. Die Delhovener Mühle gehörte dem Kloster Knechtsteden und bestand seit dem 17. Jh. 1818 baute der Düsseldorfer Wirt vom „Heidelberger Fass“ eine Mühle in Nievenheim. 1832/33 baute der Müller Franz Hochgrebe in Hackenbroich- Hackhausen eine Mühle.

  4. Rheinischer Städteatlas (IV – 25 – 1978), 2.verb. u. erw. Auflage 1990 – Zons -

  5. Ratinger Stadtrechnung von 1466, S. 19 R (Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Mauerstraße).

  6. In der Vergangenheit wurde die Frage, ob der südwestliche Festungsturm bereits bei seinem Bau als Mühlenturm konzipiert worden ist, in der ortsgeschichtlichen Literatur unterschiedlich beurteilt..

  7. Die drehbare Haube wird angetrieben durch ein System mit hölzernen Rädern, wodurch das Rollenlager, das auf der Mauerkrone in einem Ring fixiert ist, gedreht wird (siehe Foto bei Beschreibung der Mühle)

  8. Dendrochronogisches Gutachten, Universität Köln (Institut für Ur- und Frühgeschichte), Dr. Thomas Frank, Dezember 2010.

  9. Archiv im Rhein-Kreis-Neuss, Bestand Akten Stadt Zons, augias 155.

  10. Die Arbeiten wurden von der von der Denkmalbehörde anerkannten Fachfirma Schleiff, Erkelenz, ausgeführt.

  11. Die Haube wurde vor der Aufstockung des Mühlenturmes 1832 von innen gedreht. „Binnenkruijen“ (niederländisch – kruijen = drehen).

  12. Es gibt unterschiedliche Flügeltypen: Türenflügel, Holzgatterflügel, Jalousie- und Ventikantenflügel

  13. Holzarten entnommen, Heinrich Riffel, Zons und seine Stadtmauern, 1933, S. 20.

  14. Rudolf Geese, Geldern: Kunststeine wurden später verwendet und werden  noch heute hergestellt aus einer Mischung aus Quarzsand und Flint mit den Bindemitteln Magnesit und Magnesiumchloridlauge. Diese breiige Masse wird in eine Gießform geschüttet. Nach 48 Std. ist der Rohling fertig. Mit einem Schärfhammer werden dann noch die nötigen Luftfurchen schräg ausgeschlagen, damit das Korn auf den Läuferstein und das Mehl in die Schütten abfließen kann. 

  15. Archiv im Rhein-Kreis-Neuss, Bestand Akten Stadt Zons, augias 155, Kaufvertrag U-R. Nr. 533 für 1940 vom 11.12.1940.

  16. Liste erstellt von Werner Lisken, Düsseldorf, aus den Pfarrer- und Küsterbüchern und Zivilstandsregistern. Die Liste enthält alle Personen, die in den genannten Quellen in Verbindung mit den Silben „müller“ oder „mühle“ erwähnt sind.

  17. Edelgard und Wolfgang Fröde, Windmühlen in Deutschland, Holland, Belgien, 1981, S. 78.

  18. Hans Vogt, Die Rheinischen Windmühlen, 2005, S.45

  19. Hans Vogt, Die Rheinischen Windmühlen, 2005, S. 34

  20. Beispiele: Geismühle/Krefeld Raststätte A 57; Braunsmühle/Kaarst-Büttgen; Bongartzmühle/Viersen-Unterbeberich; Glörather Mühle, Viersen; Schrofmühle/Wegberg-Rickelrath; Steprather Mühle/Geldern-Walbeck.

Dormagen 2011, Förderverein Denkmalschutz Stadt Zons e.V.

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